Allgemeine Zeitung Mainz vom 18. Oktober 2019
Starkes Signal gegen Ich-Bezogenheit:
Mainzer Rotary-Jugendpreis honoriert Einsatz für das Gemeinwohl
Von Eric Scherer
MAINZ.
„Es sind die vielen kleinen Dinge, die die Welt verändern können“, sagt Oberbürgermeister Michael Ebling zu Beginn des Festaktes in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Manche
jedoch vermögen für ihre Mitmenschen ungleich viele kleine Dinge mehr zu tun als andere. Arshia Moafian etwa.
Der 19-jährige engagiert sich an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Bretzenheim unter anderem als Schülersprecher, Schülerzeitungsredakteur und Sanitäter, ist im deutsch-iranischen Verband für
Vielfalt und Integration politisch wie gesellschaftlich aktiv, er singt und tanzt aber auch in verschiedenen Gruppen, spielt Klavier am Peter Cornelius-Konservatorium, moderiert – und steuert
gegenwärtig dennoch als Einser-Schüler auf sein Abitur zu.
„Schlafen Sie gelegentlich auch mal?“, fragt Moderatorin Katja Heijnen, was auch andere Besucher des Festaktes gerade denken. Arshia Moafian ist nun Erster unter Gleichen als Träger des Mainzer
Rotary-Jugendpreises 2019. Ein herausragendes Beispiel, aber auch nur einer von insgesamt 16 Nominierten unter 25 Jahren, die Mainzer Schulen, Kirchen und andere Institutionen für die
Auszeichnung vorschlugen.
Die junge Generation hat eben noch viele Gesichter mehr als das der medial derzeit allgegenwärtigen Greta Thunberg – und das macht Mut in einer Welt, in der vor allem die hohe Politik eine
zunehmend rücksichtsloser werdende „Ich-Bezogenheit“ vorlebe, wie es einer der Laudatoren, Dr. Wolf-Dietger Huth vom Rotary Club Mainz 50° Nord, formuliert.
Philip Hesping ist schon als 15-Jähriger dem Malteser Hilfsdienst beigetreten. Er hat sich dabei nicht nur als Sanitäter ein umfangreiches medizinisches Wissen angeeignet, sondern auch
erstaunliches Talent als Organisator und Führungskraft entwickelt. Gerade 20 Jahre alt, plant und leitet er bereits Großeinsätze der Malteser, etwa bei der Johannisnacht und dem Open
Ohr-Festival. Ihn wählten die Juroren als 2. Preisträger aus.
Amina Lmalki, Ikram Assakli und Rayan Hagar Lazar haben gemeinsam mit Flüchtlingskindern der Gonsenheimer Housing Area Plätzchen gebacken und mit diesen 170 Senioren eines Mainzer Altenheims
einen bunten Nachmittag beschert, zu dem sie sich auch Zeit für Spiele und Gespräche nahmen – Völkerverständigung der unmittelbaren Art, die die Rotarier mit dem 3. Preis bedachten. Die drei
Initiatorinnen sind übrigens erst 14 Jahre alt und wurden vom Islamischen Kulturverein Mainz vorgeschlagen.
Für OB Ebling ist der Rotary-Jugendpreis eine Auszeichnung, „wie es sonst keine andere gibt in Mainz.“ Aus der Taufe gehoben wurde er 1997 vom Unternehmer Dr. Dieter Römheld, seinerzeit
Vorsitzender des Mainzer Rotary Clubs.
Doch auch die übrigen rotarischen Vereinigungen der Stadt unterstützen Organisationen und Veranstaltungen eit jeher, mittlerweile gibt es fünf davon.
Zum dritten Mal nacheinander vergab die Jury auch einen Sonderpreis: 2019 erhält ihn Florian Schött, den die Evangelische St. Johanniskirchengemeinde nominierte. Der heute 24-Jährige kam 2013 im
Rahmen eines sozialen Projekts nach Togo, um in der Hauptstadt Lomé für eine Schule und ein Waisenhaus zu arbeiten. Seither engagiert er sich im „Vereine der Freunde Togos“ und bringt in dem
Dritte-Welt-Land landwirtschaftliche, kulturelle und pädagogische Projekte auf den Weg.
Zum Bedauern der Veranstalter fehlte der Sonderpreisträger beim Festakt. Er habe aber bereits angekündigt, die 200 Euro Preisgeld seinem Verein zu spenden, hieß es. 200 Euro – das mag nicht viel
sein. Aber es sind eben die vielen kleinen Dinge, die die Welt verändern können.